Gespräch mit dem Schlagzeuger Moritz Koch

Frankfurt/Köln. „Sobald ich sage, wo ich meinen Master gemacht habe, öffnen sich Türen“, sagt Moritz Koch. Der 1997 geborene Schlagzeuger war 2020/21 Stipendiat der Internationalen Ensemble Modern Akademie (IEMA) und hat diesen Studiengang an der Frankfurter Hochschule für Musik und Darstellende Kunst mit der Bestnote abgeschlossen. Nun setzt er an der Kölner Musikhochschule noch ein Solistenstudium bei Dirk Rothbrust und Carlos Tarcha drauf. Parallel arbeitet er mit verschiedenen freien Ensembles in vielen freien Projekten, etwa mit der MusikFabrik (Köln), dem Ensemble S201 (Essen), Tempus Konnex (Leipzig) „und nächste Woche spiel ich mit „Handwerk“ – wenn es nicht ausfällt, wegen Corona“.

Tolle Ausbildung, trotz Corona

Corona lag auch über seiner Zeit in der IEMA. Die Kontakte mit George Benjamin und Jonathan Stockhammer fanden überwiegend online statt. Auch die internationalen Begegnungen über das Ulysses-Netzwerk konnten nicht im geplanten Umfang stattfinden. Irgendwo in Europa nach einem gemeinsamen Konzert Auge in Auge mit einem neuen Kontakt ein Bier zu trinken und sich zu einem Projekt zusammenzufinden, war nur einmal gegeben, beim 180Grad Festival in Bulgarien. Aber nun, in der freien Arbeit, sprudeln die Kontakte: „Vor IEMA hätte ich gar nicht gedacht, dass es möglich ist, einfach frei zu spielen“, sagt er. „Den Mut zu freien Produktionen haben wir auf der rein praktischen Ebene vermittelt bekommen, indem wir ein Jahr genau dies gemacht haben: relativ frei unter uns zu proben, zu spielen und zu machen. Das Feedback vom Ensemble Modern hat uns vor allem ermutigt, ganz viel auszuprobieren. In jedem Fall hat es unsern Horizont noch erweitert. Nachdem ich diese Erfahrung gemacht habe, genieße ich es sehr, mit anderen MusikerInnen und KomponistInnen zusammenzuarbeiten: Wir wachsen aneinander“.

Klassischer Unterricht erst mit 16

Sein Weg zum Schlagzeug war zunächst nicht gerade. Zwar hat er von klein auf gern auf allem Möglichen herumgetrommelt. Aber mithin wohl aus legitimem akustischem Selbstschutz vermittelten seine Eltern ihm zunächst Gitarrenunterricht. „Später habe ich mir von erspartem Taschengeld aus der Zeitung ein Drum Set gekauft. Da bin ich dann richtig drin aufgegangen. Dann kam auch schon die Zeit von YouTube Tutorials und Ähnlichem, wo ich mir relativ viel selbst beigebracht habe. Klassischen Schlagzeug-Unterricht habe ich erst sehr spät, mit 16 bekommen“.

Frühe Karriere

Über den Unterricht kam er zunächst ins Landes-Jugendorchester, dann zu regem Konzertieren, etwa mit den Bremer Philharmonikern. Dann an die Deutsche Oper Düsseldorf (jüngst wieder mit der Produktion „Trash“ von David Graham) oder 2020 für die Opernproduktion „Anna Nicole“ von Mark Anthony Turnage ans Staatstheater Wiesbaden. Und zwischendurch zum Bachelorstudium (2015-2019) bei Olaf Tzschoppe in Bremen, mit dem er noch immer auch im Bremer Schlagzeugensemble zusammen spielt. „Der hat mir die Welt der KomponistInnen geöffnet, die sehr gerne rumprobieren, was man mit dem Schlagzeug alles machen kann. Das hat mir total Spaß gemacht, weil es da noch so viel zu entdecken gab und gibt. So bin ich dann auch nach Frankfurt zu Rainer Römer gegangen“.

„Finde, dass man manchmal Gegengewicht sein muss“

Eine feste Anstellung interessiert ihn bisher nicht. Denn die IEMA vermittelt nicht nur Handwerk, sondern auch das kritische Hinterfragen des eigenen künstlerischen Tuns: „Ich mach mir jeden Tag Gedanken über Kunst und Gesellschaft und finde, dass man manchmal Gegengewicht sein muss. Sowas, wie eine linke Meinung in der Politik. In großen Ensembles hat sich schon wieder so etwas wie ein Mainstream herausgebildet. Den kann man in der freien Szene wieder aufrütteln“.

Man zeigt immer wieder, dass es auch anders geht

Kann zeitgenössische „ernste“ Musik die Welt verbessern? „Ja, auf jeden Fall! Man zeigt ja immer wieder, dass es auch anders geht, als es gemeinhin gemacht wird. Auch wenn die Ideen nicht direkt etwas verändern, kann man doch mit allem, was man macht, bei irgendjemandem im Kopf etwas anstoßen. Das hoffe ich zumindest“.

Moritz Koch erntet bereits die Früchte des IEMA Jahres. Inzwischen hat ein neuer Jahrgang seinen einjährigen Masterstudiengang begonnen. Er stellt sich am 12.12.2021 um 19:30 in seinem ersten Konzert in der Musikhochschule vor. Das man von jedem einzelnen Stipendiaten noch hören wird, scheint jetzt schon sicher.

DORIS KÖSTERKE
7.12.21

 

Hörbeispiele von Moritz Koch: