Ensemble Modern spielt Frank Zappa

Frank Zappas letzte Band: Die Zusammenarbeit mit dem Rock-Avantgardisten war das wohl breitenwirksamste Projekt im demnächst vierzigjährigen Bestehen des Ensemble Modern. Mit einem Sonderkonzert zu seinem Gedenken brachte das Frankfurter Ensemble den Großen Saal der Alten Oper zum Toben.

Das erste Stück, „Dog / Meat“ aus dem gemeinsam erarbeiteten Projekt „The Yellow Shark“ (1991-93) klang noch wie mit Minimal Music gewürztes Hollywood. Doch in den folgenden ausgewählten Stücken spürte man das rege Interesse, das die Rocklegende der musikalischen Avantgarde seiner Zeit entgegengebracht und für sich fruchtbar gemacht hatte: Als, zum Beispiel, in „Outrage of Valdez“ manche Tutti-Effekte klangen, wie ins Orchestrale übersetzte Gongschläge samt ihrer Klang-Entwicklung im Nachhall, schien von Edgard Varèse inspiriert. Der atavistische rhythmische Sog in „G-Spot Tornado“ erinnerte an Strawinsky, das schwerelos pointilistische Klanggemälde „Ruth is sleeping“, an zwei Flügeln gespielt von Hermann Kretzschmar und Ueli Wiget, an Anton Webern. Und gleichzeitig an einen klaren Gebirgsbach mit Kaskaden aus Eiswürfeln.

Mehr noch im zweiten Teil des Abends, in Stücken aus dem Album „Greggery Peccary & Other Persuasions“, schienen die enorm farbigen, mitunter an Außerirdisches erinnernden Klänge des Abends nicht zu­letzt auch das Werk des Klangregisseurs Norbert Ommer: dank seiner Arbeit konnten Harfe (Ellen Wegner) und Tuba (Jozsef Juhasz) oder Geige (Jagdish Mistry) und Trompete (Sava Stoianov) einander in ihren Duos akustisch auf Augenhöhe begegnen.

Der Gesamtklang des um einige Gäste auf 29 Musiker verstärkte Solisten-Ensemble war wunderbar transparent, ein großes Verdienst auch von Ali N. Askin, der die überwiegend als Synclavier-Dateien überlieferten Kompositionen von Frank Zappa für Ensemble arrangiert hat. Die packenden Soli waren von den Musikern selbst improvisiert.

So sympathisch anti-hierarchisch es ist, wenn Zupfinstrumente (Mandoline – Detlef Tewes, Banjo – Jürgen Ruck und Gitarren – Steffen Ahrens, Christopher Brand) sich mühelos im Orchester behaupten: außerhalb von Soli und kammermusikalischen Abschnitten wurde es sehr laut. Der Majorität des Publikums schien gerade das zu gefallen. Die Rezen­sentin, von den Beats zermürbt wie ein weichgeklopftes Schnitzel, verließ das Konzert nach der dritten Zugabe, die offensichtlich nicht die letzte war (die Musiker hatten nicht mitgezählt), durchaus angetan von den Rhythmen, Klängen und überzeugt von der der Qualität der Musik. Aber auch überzeugt, dass die vielbeklagte Verrohung unserer Gesellschaft durch die Lautstärke ihrer Popularmusik zumindest mitbedingt ist.

DORIS KÖSTERKE
29.11.2019