Zwei Pole: Tianwa Yang und Albrecht Mayer

im Fokus des Rheingau Musik Festivals

 

 

Bald sah man nur noch auf Geigerin Tianwa Yang. Obwohl Oboist Albrecht Mayer, Artist in Residence beim diesjährigen Rheingau Musik Festival und Quartettpartner an diesem Abend im Fürst-von-Metternich-Saal auf Schloss Johannisberg, sicher nicht unbeteiligt war an den spürbar geschärften Phrasierungen, die dem „Phantasy Quartet“ für Oboe, Violine, Viola und Violoncello op. 2 (1932) von Benjamin Britten musikantisches Feuer verliehen. Zwischen diesen beiden starken Polen konnten Bratscherin Liisa Randalu und Cellist Gabriel Schwabe nicht mehr als vermitteln, vor allem intonatorisch. Detailfreudig ausgestaltet überzeugte Mozarts Quartett für Oboe, Violine, Viola und Violoncello F-Dur KV 370 mit schelmischer Galanterie, etwa schmusenden Vorhalten und schalkhaftem Ausweichen.

Höhepunkt des Abends war die Sonate für Violine und Violoncello von Maurice Ravel, gespielt von Tianwa Yang und Gabriel Schwabe. Der erste Satz ein schwerelos verspielter melodiöser Schönklang, der zweite voll herzhafter Folklorismen, der langsame dritte in einem Pianissimo, dass es schien, als wage im Saal niemand mehr zu atmen. Die erzeugte Spannung entlud sich voll Temperament in den rhythmischen Delikatessen des Finalsatzes.

Ein weiterer Leckerbissen waren Albrecht Mayers Worte über das „Fantasy Quartet“ von Ernest John Moeran (1894-1950): Man spürte am Tonfall, dass er nicht meinte, was er sagte. Alles andere war Schillern. Auch, als Mayer nachschob, er meine seine Beschreibung keineswegs sarkastisch, sondern nur ironisch. Und in der nachgeschobenen „Hommage“ an Simon Rattle, nach 19 Jahren mit einem englischen Sir als Chef vermöge man nicht mehr zwischen Ironie und Sarkasmus zu unterscheiden. Das musikantische Stimmungsbild war wohl ins Programm geraten, weil es so viele Originalkompositionen für Oboe nicht gibt. Zugabe war das Rondo aus dem Oboenquartett von Gordon Jacob.

Seinen zweiten Konzertabend gestaltete Albrecht Mayer im Kreuzgang von Kloster Eberbach zusammen mit seinem Orchesterkollegen Andreas Ottensamer, Solo-Klarinettist bei den Berliner Philharmonikern, sowie der Kammerakademie Potsdam. Konzertmeisterin Yuki Kasai koordinierte die allein aus sich heraus mit Leidenschaft und Begeisterung agierenden Musiker. Dass Andreas Ottensamer so tat, als würde er das Orchester dirigieren, wann immer ihm sein Spiel auch nur eine Hand frei ließ, war eher Gymnastik zur Musik. Um wirklich den Orchesterklang zu modellieren, wie es Albrecht Mayer mit einer nahezu unmerklichen Handbewegung zu Beginn des für Klarinette und Englischhorn bearbeiteten Concertino für Klarinette und Fagott op. 47 von Franz Danzi gelang, fehlte Ottensamer der energetische Kontakt zu den Musikern.

Hätten schärfere Konturen die Musik vertiefen können? Angesichts der Wiederholungsseligkeit der Stücke, neben dem erwähnten noch Mozarts Sinfonie Nr. 12, das „Darmstädter Konzert Nr. 1“ für Klarinette und Orchester von Carl Philipp Stamitz und die Sinfonie Nr. 49 von Christian Cannabich, verneinte man diese Frage. Der Reiz des Abends lag im Atmosphärischen und im Klang der virtuos geblasenen Rohrblattinstrumente.

DORIS KÖSTERKE

Konzerte am 4. und 5.07.2018