Pianistin Elisabeth Brauß

Klavier Soirée bei den Burghofspielen

 

Das Programm erinnerte an einen seit fünfzig Jahren unberührten Schallplattenschrank. Doch in der ersten Klavier Soirée bei den Burghofspielen gelang es der erst 23-jährigen Pianistin Elisabeth Brauß, seine Geister mit neuem Leben zu erfüllen.

Mozarts Zweite Klaviersonate KV 280 ging sie wunderbar trocken an, mit spürbar gut durchdachten artikulatorischen Feinheiten und unerschütterlichem Blick für das Wesentliche, während sie das Thema des ersten Satzes im Rankenwerk der Spielfiguren Verstecken spielen ließ.

Beethovens „Appassionata“ begann sie wie beiläufig, um die darin verschlüsselten inneren Welten mit allen souverän beherrschten Mitteln der Virtuosen-Trickkiste, vom zartesten Seidenklangfaden zum mächtigen Tastendonner, umso wirkungsvoller auferstehen zu lassen, ohne sich jemals darin zu verlieren. Überzeugend ließ sie den in tiefsten Bassregionen lauernden Konfliktstoff auch dann noch weiterbrodeln, wenn sie ihn, wie am Ende des ersten Satzes, unter flimmernden Terzen verbarg.

Im Choral des zweiten Satz blätterte sie sehr behutsam und allmählich die einzelnen in ihm verborgenen Seiten auf. Dass die normalerweise im Diskant aufblitzenden Spitzen merkwürdig verwaschen klangen, schien an der Raumakustik oder an der Intonation des Flügels zu liegen. Als der Choral am Ende des zweiten Satzes wieder erschien, schienen die zuvor erweckten Gespenster unter seiner Decke noch weiter zu zappeln, um im dritten Satz entfesselt ihren wilden Hexensabbat zu feiern.

In Robert Schumann Kinderszenen gefielen der Überschwang in „Glückes genug“, die Distanz zur „Träumerei“ und das trefflich vermittelte Wenn-ich-erst-groß-bin-Allmachtsgefühl im „Ritter vom Steckenpferd“. Im abschließenden „Faschingsschwank aus Wien“ op. 26 von Robert Schumann schmunzelte man über die verkleidete Zitate und freute sich auf das, was die junge Pianistin in ihrem späteren Leben aus dem vergleichsweise amorphen Werk noch herausholen würde. In ihrer Zugabe, einer Romanze von Clara Schumann, ließ Elisabeth Brauß die unerträgliche Sehnsucht und die massive Bedrängnis einer Frau empfinden, die den falschen Mann geheiratet hatte, bevor sie „den Richtigen“ traf.

DORIS KÖSTERKE

01.08.2018