Klavierabend mit Ching-Yun Hu und Lukas Geniušas
Mit Ching-Yun Hu und Lukas Geniušas stellte das International Piano Forum im Mozart Saal zwei höchst unterschiedliche, jeweils preisgekrönte Nachwuchspianisten vor. Ein entscheidender Unterschied lag in ihrem Verhältnis zum Flügel. Für die Taiwanerin (sie spielte Mozarts KV 331, Chopins Variationen op. 2 und Rachmaninoffs zweite Sonate, als Zugaben die Virtuosic Etude, No. 4 von Earl Wild nach Gershwins „Embraceable you“ und Rachmaninoffs Etude Tableaux, Op. 39, No. 1) war er Instrument zu leidenschaftlicher Hochglanz-Pianistik. Der 1990 in Moskau geborene Lukas Geniušas behandelte ihn als Spielpartner mit ernst zu nehmenden Eigenheiten. Sein Beginn von Maurice Ravels Klaviersonatine glich weniger einem Sich-Ausdrücken als einem Hineinfühlen und –lauschen in sein unmittelbares Gegenüber. Welches außergewöhnliche Gespür für die feinen Abläufe in der Mechanik er dadurch gewonnen hatte, zeigte sich spätestens in seinen phänomenal trennscharf moussierenden Tonrepetitionen in der Alborada del gracioso aus Ravels „Miroirs“. Seine Großmutter Vera Gornostaeva („Was bedeutet dieses forte? Leidenschaft? Sarkasmus?”) scheint ihm nicht zuletzt einen umfassend hinterfragenden Ansatz vermittelt zu haben: Noch konsequenter als bei Ching-Yun Hu erlebte man seine Interpretationen als transparente Raum-Zeit-Diagramme. Vor allem natürlich die sich dafür anbietende Zweite Klaviersonate von Sergei Prokofjew. Fast unterkühlt begann er den ersten Satz, bis seine Emotionen sich umso aufrichtiger Bahn brachen und sich mit kristalliner rhythmischer Prägnanz und Spielfreude paarten. In seiner ersten Zugabe, „Vision“ aus Griegs op. 46, zeigte er seine Nachdenklichkeit. Die witzig-jazzige zweite Zugabe war „Pursuit rondo“ von Leonid Desjatnikow.
DORIS KÖSTERKE