Bauhaus-Musik mit Slam

 

„Under Construction“ heißt das Wetteifern von Bild-, Wort- und Klangkunst mit der Jungen Deutschen Philharmonie zum 100-jährigen Bauhaus-Jubiläum. Eine von insgesamt sechs Aufführungen fand im Saal der Wiesbadener Casino-Gesellschaft statt.

Fünf Komponisten hatten einen Kompositionsauftrag bekommen und durften sich aus dem Städel ein Bild von Bauhaus-Malern als Inspirationsquelle aussuchen, zu dem wiederum fünf anerkannte Slam-Poeten sich einen Text einfallen ließen. Eine Kopie des Bildes stand neben der Bühne, ein Slam-Poet vollzog seine Performance, das Musikstück folgte.

Gerhard Müller-Hornbach (*1951) hatte sich „Study for Homage to the Square: Hight Autumn“ (1957) von Josef Albers ausgesucht. Seine Komposition „Tiefen(t)räume“ (2019) erinnerte weitgehend an flächige Brauntöne, die mancher Hörer als Projektionsflächen für Eigenes willkommen hieß. Slam Poet Samuel Kramer entschärfte die minimalistischen Strukturen durch die Vorstellung einer Hummel, die sie durchwuselt.

Der Wechsel der Perspektiven, den Slammerin Franziska Holzheimer aus dem „Dorfteich von Gelmeroda“ von Lyonel Feininger schöpte, fand sich auch in „hin und her“ (2019) von Carlos Cárdenas (*1985): Wie der Schlagzeuger die Blechbläser imitierte, war genial!

Farnblüte (2019) von Martin Grütter (*1983) nach „Blick in das Fruchtland“ von Paul Klee schien sich nach und nach klangmalend durch das Bild zu arbeiten, um ihm schließlich ebenso leicht zu entschweben, wie Slammerin Leticia Wahl dem von ihr geschilderten, letztlich erfolgreich bekämpften Problem.

Die langgezogenen Rechtecke in der „Konstruktion“ von László Moholy-Nagy erinnerten die Slammerin Tanasgol Sabbagh an Spiegel, hinter denen ihre Generation sich selber sucht. Transparent (2019) der estnischen Komponistin Marianna Liik (*1992) schien, wie das Bild, aus Bausteinen gebaut, die sich allmählich verändern.

Vor Oskar Schlemmers „Halbfigur nach links“ packte Dalibor Marković wilde Assoziationen durch alle Lebensbereiche in zwingenden Rhythmen. In allen vorangegangenen Kompositionen hatte man jeweils eine stringente innere Logik gespürt. In Eine Figur (2019) der usbekischen Komponistin Aziza Sadikova (*1987) schien sie bewusst aufgebrochen. Vorübergehend hatte Dirigentin Corinna Niemeyer sich darin an den Bühnenrand zu setzen und mit einem Plastikmännchen zu spielen. Ein Protest gegen das Menschenbild im Bild?

DORIS KÖSTERKE
28.9.19

Früherer Artikel der Autorin zu einem Projekt der Jungen Deutschen Philharmonie: http://www.sokratia.de/der-sieg-des-leisen-ueber-das-laute/