David Pichlmaier singt Schubert und Eggert

„Es war so befreiend, wieder miteinander zu spielen“, freute sich Manfred Bockschweiger nach dem musikalischen Lockout-Brechen im Serenaden-Konzert „Mit Pauken und Trompeten“ auf der Foyer-Terrasse des Darmstädter Staatstheaters. Beschwingt von Sonnenschein, leichter Brise und Frank Assmann an den Pauken hatte er mit seinen drei Trompeterkollegen aus dem Staatsorchester, Marina Fixle, Tobias Winbeck, und Michael Schmeissler nicht nur klassische Repräsentationsstücke vorgestellt. Sondern auch den Komponisten Willy Brandt. Nicht identisch mit dem 1913 geborenen Politiker mit gleichlautendem Pseudonym war Karl Wilhelm Brandt (1896-1923) als jugendlicher Trompeter nach Russland gegangen und hat, auch unter dem Namen Vassily Georgivich Brandt, die russische Trompeterschule bis heute geprägt. Das erste seiner Ländlichen Bilder für vier Trompeten, „In der Kirche“ beeindruckte durch gekonnte Kontrapunktik, in der sich die Stimmen eng aneinanderschmiegen und dabei doch ihre eigenen Wege gehen: ein spannungsvolles Miteinander mit harmonischen Reibungen. „Wenn Sie uns einmal wieder im Orchester sehen, sehen Sie uns mit anderen Augen“, sagte Manfred Bockschweiger.

David Pichlmaier singt „Neue Dichter lieben“ von Moritz Eggert

Im Großen Haus zelebrierten David Pichlmaier und Jan Croonenbroeck den Liederzyklus „Neue Dichter lieben“ von Moritz Eggert. Vertraute Schubert-Lieder dienten als Aperitif und Digestif und luftige Einlassregeln gaben Gelegenheit, die beiden neu geschaffenen Mittelgänge samt frisch geschreinerten Treppenstufen zu bewundern, durch die die Theaterwerkstätten den Zuschauerraum so ästhetisch wie funktionell den Abstandsgeboten angepasst haben.

Für das Auftragswerk für den Deutschen Pavillon auf der Expo 2000 hat Moritz Eggert über zwanzig Liebesgedichte des 20. Jahrhunderts zusammengetragen. Sie geben sich humorvoll bis sarkastisch: Harte Schalen, unter deren sich die Verletzlichkeit umso anrührender zeigt. Eggert gibt jedem Gedicht eine andere Klangsprache, die den Texten gerecht wird, indem sie sie noch mehr zum Schillern bringt.

Pichlmaier und Croonenbroeck hatten sichtlich Spaß an den oft geräuschnahen Klangwelten und den Elementen der Body-Perkussion, wie das „Plopp“ des aus dem aufgeblasenen Mund schnellenden Daumens.  Besonders eindrucksvoll war die Vertonung von „Sprich Scheherazade“ von Herbert Asmodi, das auch noch einmal als Zugabe erklang: abwechselnd warfen Sänger und Pianist kleine klangliche Mosaiksteine in den rhythmisch-melodischen Fluss.

Seine magnetische Wirkung verdankte der Abend vor allem dem Bariton David Pichlmaier, seinen weit ausladenden Spannungsbögen, seinem sinnlichem Umgang mit den Texten und seiner zwischen Spitzbüberei, Tief- und Hintersinn vexierenden Mimik.

DORIS KÖSTERKE
29.5.2020

 

Heißer Kulturtipp: Am Sonntag, den 14. März 2021 führen David Pichlmaier und Jan Croonenbroek den Zyklus „neue dichter lieben“ von Moritz Eggert in der einzigartigen Atmosphäre von „Otzberg vocal“ auf.