Vierzig Jahre Ensemble Modern, nur aus Solisten

 

Das Ensemble Modern wird in diesem Jahre vierzig. Als Vorspann zu seinen sieben Jubiläumskonzerten, in denen es möglichst viele seiner Facetten zeigen möchte, fokussierte das Abonnementskonzert im Mozart Saal der Alten Oper das „Solistenensemble“: Jaan Bossier war Solist in „Holz“ für Klarinette und kleines Ensemble von Enno Poppe. In seinem mal knorrigen, mal biegsamem Spiel meinte man, mal das Geäst einer Eiche, mal eine Weide vor sich zu sehen.

Im Orchester sitzen zwei an einem Pult

Im begleitenden Gespräch mit dem Kölner Kulturmanager Louwrens Lagevoort und dem Ensemble-Modern-Geschäftsführer Christian Fausch skizzierte er den Unterschied zwischen dem Spielen im Ensemble Modern und etwa dem Lucerne Festival Orchestra, wo er ebenfalls mitspielt: „Im Orchester sitzen wir immer zu zweit an einem Pult“.

Im Klavierkonzert A line can go anywhere, das Anthony Cheung für Ueli Wiget und das Ensemble Modern geschrieben hat, beeindruckten die minutiös durchgeplanten Entwicklungen auch kurzer Einzelklänge. Aus Verbundenheit mit dem im vergangenen Jahr verstorbenen Hans Zender erklang dessen Issei no kyō. Ensemble-Solist war Dietmar Wiesner als wandelnder Piccolospieler Pu-hua, der Menschen zur Erleuchtung bringen will, indem er ihnen ins Ohr bläst. Neben ihm behauptete sich die eng mit dem Ensemble vertraute Sopranistin Juliet Fraser klangschön mit deutsch, englisch und französisch gesungenen Übersetzungen eines japanischen Gedichts gegen ein übermächtiges Ensemble.

Mit dem Instrument verheiratet

Elena Mendoza, ehemalige Stipendiatin der Internationalen Ensemble Modern Akademie (IEMA), thematisierte in Zwei Szenen das Ensemble als gesellschaftliche Gruppe: „Kafkas Gemeinschaft“ fasst Kafkas hochaktuelle gleichnamige Kurzerzählung in szenische Musik: ein Quintett, das einen Eindringling ausschließt. „Dum mors nos dividat“ ist ein Ritual, in dem ein Musiker sein Instrument heiratet, geschrieben für Megumi Kasakawa und ihre Bratsche. Megumi hatte sich gewünscht, in dem Stück auch singen zu dürfen. Die Komponistin entsprach dem gern: dass jedes Ensemblemitglied auch singen, sprechen, Perkussion und Theater spielen kann, ist schließlich Pflicht im Ensemble Modern.

Blai Soler hatte seine „Saitenspiele“ dem Geiger Jagdish Mistry auf den Leib geschrieben. Klar gegliedert in Soli, Tutti und kammermusikalische Abschnitte überraschten fast folkloristische Melodien mit tremolierenden Ensemble-Klangschatten.

Dem Vorgänger ins Gesicht gespuckt

Als Stipendiat der IEMA 2009–2010 hatte Vito Žuraj „erlebt, wie hart diese Leute proben und dadurch gelernt, selber zu arbeiten“. In seiner Auftragskomposition „Runaround“ klangen die Instrumente eher wie emotionale menschliche Stimmen. Hoffentlich erfunden war die Schlussgeste, in der Saar Berger dem Dirigenten Franck Ollu, einem seiner Hornisten-Vorgänger im Ensemble Modern, ins Gesicht spuckt.

DORIS KÖSTERKE

Das Konzert wurde vom hr mitgeschnitten und wird am 20.02.20 ab 20:04 in hr2-kultur gesendet.