Gründung von Otzberg Vocal 2017

An ihrem Wohnort am Odenwald-Nordrand hat Ingrid Theis die „Otzberger Sommerkonzerte“ gegründet, ein einzigartiges kleines Kammermusik-Festival im September mit außerordentlichem Erfolg. Mit “Otzberg vocal” hat sie im vergangenen Jahr eine neue Konzertreihe ins Leben gerufen. Weil sie, wie sie sagt, Gesang liebt, unglaublich gute Sänger/innen kennt, Liederabende bei anderen Veranstaltern zu kurz kommen und es auch bei den „Otzberger Sommerkonzerten“ keinen Platz dafür gibt. „Und weil uns seit 2015 auf der Hofreite Zipfen ein eigener Konzertsaal zur Verfügung steht. So können wir das ganze Jahr über Konzerte veranstalten – und sind nicht mehr zu bremsen!“. Ort und Uhrzeit der Konzerte – sie finden jeweils an einem Samstag zwischen Februar und Juni um 17 Uhr in Otzberg-Zipfen, Hauptstr. 5 B statt – lassen sich wunderbar mit einem Ausflug in den Odenwald und einem Besuch der Veste Otzberg mit ihrem gigantischen Blick über das gesamte Rhein-Main-Gebiet verbinden. Im ersten, am 4. Februar, singt der feinsinnige Tenor Jan Kobow Schuberts „Die schöne Müllerin“, der Schubert-Zeit entsprechend in Begleitung eines Hammerflügels. Jan Kobow hatte “Otzberg vocal” im Februar 2016 mit Schuberts „Winterreise“ eröffnet. „Das Konzert war schnell ausverkauft, das Publikum restlos begeistert. Besonders auch wegen des Hammerflügels“, meint Intendantin Ingrid Theis.

Ebenfalls zum zweiten Mal zu “Otzberg vocal” kommt der Countertenor Daniel Gloger. „Sweeter than Roses“ ist sein Konzert am 18. März überschrieben. Seine Schwester Ninon wird ihn am Klavier begleiten und er wird nicht nur als Countertenor, sondern auch als Bariton zu hören sein. „Ja, das ist ein Programm der Kontraste“, lacht Ingrid Theis. „Er wird Lieder aus dem Barock, aber auch von zeitgenössischen Komponisten singen. Und weil ich auch seine tiefe Stimme so mag, habe ich ihn überreden können, auch die Volklieder von Brahms als Bariton zu singen. Das ist auch für ihn eine Premiere!“. Am 29. April geht es um einen Komponisten, den kaum jemand kennen dürfte: Johann Vesque von Püttlingen. 1803 in Galizien geboren, lebte er in Wien als Jurist, der auch komponierte. „Und er war (wie ich) Heinrich-Heine-Fan“, sagt Ingrid Theis. „Im Radio hatte ich zufällig einige unbekannte Heine-Lieder gehört, gesungen von dem bekannten Tenor Markus Schäfer – und ich war total begeistert, wie grandios hier Heines hintersinniger Sprachwitz umgesetzt wurde, vom Komponisten wie vom Sänger! Es waren Auszüge aus dem mit 88 Liedern größten (und unbekanntesten!) Liederzyklus aller Zeiten, nämlich Heines Heimkehr, vertont von Püttlingen. Als ich Markus Schäfer fragte, ob er bei Otzberg vocal an einem einzigen Tag den gesamten Zyklus singen wolle, war er zunächst sprachlos. Das hatte ihm noch kein Veranstalter vorgeschlagen. Und dann hat er freudig zugestimmt“. Weil das etwas länger dauert, gibt es an diesem Tag drei Konzerte: um 15, 17 und 19 Uhr.

Weil sich das Otzberger Publikum bisher so erfrischend aufgeschlossen gezeigt hat, wagt Ingrid Theis ihm auch in den beiden Liedkonzerten in Mai und Juni ein eher selten gehörtes Repertoire zuzumuten. „Der Hirt auf dem Felsen“ ist das Konzert am 27. Mai mit Liedern und Arien von Louis Spohr, Matyas Seiber, Franz Schubert und Mozart überschrieben, in dem das klassische Klavierlied-Duo mit einer Klarinette erweitert wird. Natürlich erklingt darin auch das wunderschöne namensgebende Schubert-Lied.

In Brahms‘ Zyklus „Die schöne Magelone“ ist es ähnlich: Man braucht zusätzlich einen Schauspieler, der das Märchen von Ludwig Tieck liest, in das die Lieder eingebettet sind. „Dass sich der Schauspieler Udo Samel bereit erklärt hat, den Text bei uns zu lesen, darauf bin ich besonders stolz!“, sagt Ingrid Theis über das letzte Konzert ihrer Reihe am 17. Juni.

DORIS KÖSTERKE

http://www.otzbergvocal.de